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10-02-2010

Jerzy Buzek: „Der Lissabon-Vertrag macht das Parlament viel stärker“

Jerzy Buzek ist Präsident des Europäischen Parlaments. Im Rahmen seines offiziellen Besuchs in Paris kam es am 2. Februar auch zu einem Treffen mit Touteleurope.fr. Der ehemalige polnische Ministerpräsident und Wegbereiter des EU-Beitritts seines Landes sprach zu dieser Gelegenheit über die diesjährigen Prioritäten des EU-Parlaments, die mit dem Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags erfolgten institutionellen Veränderungen und die Rolle des Europäischen Parlaments bei der Annäherung zwischen Europa und seinen Bürgern.

Lesen Sie den ganzen Text und schauen Sie das Video hier, auf der Seite von Toute l'Europe.


Touteleurope.fr (TLE): Kann man heute von einem wiedervereinten Europa sprechen?

J. Buzek: Wir können, denke ich, davon ausgehen, dass dies der Fall ist, denn wir haben es heute nicht mit einem Europa zu tun, das erneut heterogen wäre. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung und eine gemeinsame Zukunft. Wir überlegen gemeinsam, wie man die Herausforderungen angehen und den Erwartungen der EU-Bürger gerecht werden kann. Meines Erachtens nach ist Europa seit der großen Erweiterung 2004 definitiv vereint. Natürlich müssen wir die Integration weiter vorantreiben und bei denjenigen Problemen ansetzen, wo noch Verbesserungsbedarf besteht. Diesbezüglich bin ich sehr optimistisch.

TLE: Wo liegen dieses Jahr die Prioritäten des EU-Parlaments?

J. Buzek: Als Präsident ist es meine Priorität, die Funktionsweise des Parlaments und die Abstimmung über die neue Kommission zu organisieren. Unsere Beziehungen zum Europäischen Rat und dem turnusmäßig wechselnden Vorsitz Spaniens sind genauso wichtig wie jene zu den nationalen Parlamenten. Der Vertrag von Lissabon bietet uns die Möglichkeit, mit den nationalen Parlamenten Verbindungen zu knüpfen. Selbstverständlich müssen wir auch Antworten auf konkrete Probleme und Fragen unserer Bürger finden, etwa zu Energie, Arbeit, Immigration und Demographie, zum Klimawandel oder zur Förderung einer europäischen Außenpolitik.

TLE: Welche Änderungen bringt der Vertrag von Lissabon für das Europäische Parlament?

J. Buzek: Wir sind viel stärker als zuvor. Wir sind für einen Großteil der europäischen Gesetze verantwortlich, was einen Fortschritt für alle auf europäischer Ebene getroffenen Entscheidungen darstellt. Das EU-Parlament nimmt eine Schlüsselstellung ein, in Zusammenarbeit mit der Kommission und dem Rat, aber auch in Verbindung mit den nationalen Parlamenten, die nunmehr fest in den europäischen Entscheidungsprozess eingebunden sind. Wir sind bestrebt, den Anliegen der EU-Bürger gerecht zu werden und alle nötigen Schritte einzuleiten, um ein starkes, effizientes Europa zu bauen.

TLE: Wie kann das Parlament den EU-Bürgern Europa näherbringen?

J. Buzek: Wir versuchen, mit neuen Maßnahmen eine Trendwende einzuleiten. Bereits durch unsere Kontakte mit den nationalen Parlamenten nähern wir uns den EU-Bürgern an. Wir haben damit begonnen, unsere Sitzungen, die für alle EU-Bürger von Interesse sein können, im Fernsehen und auf unserer Website zu übertragen. Wir richten Kommunikationsmedien ein, die mit denen der nationalen Parlamente vergleichbar sind. Die Fragestunden des EU-Parlaments an den Präsidenten der EU-Kommission ähneln zum Beispiel den Debatten mit Regierungsmitgliedern in den nationalen Parlamenten, die von den Bürgern auf nationaler Ebene mitverfolgt werden. Die europäischen Debatten könnten für sie genau so interessant sein. Durch solche neuen Instrumente könnten wir die EU-Bürger stärker für europäische Belange öffnen. Bei Wahlen auf nationaler Ebene herrscht ja in der Regel auch eine hohe Beteiligung.

Datum: 03/02/2010

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