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28-09-2009

Erweiterung? Die EU-Bürger haben das Wort

Willkommen zu einer neuen Ausgabe aus unserer Sendereihe "Heute – Partnerschaft mit dem Europaparlament", wenn wir über europäische Themen berichten. Auch das Thema der heutigen Sendung betrifft alle Mitglieder der Europäischen Union – Erweiterung. Drei Kandidatenländer mit einer besonders breit gefächerter Geografie sind die konkreten Adressen, wenn es heute um die Erweiterung der EU geht – ganz im Norden Island, im Süden Kroatien und im äußersten Südosten des Alten Kontinents, die Türkei. In der heutigen Sendung wollen wir schauen, wie die Öffentlichkeit in Europa über die Erweiterung der EU um diese drei Länder eingestellt ist.

"Jedes Kandidatenland sollte die Chance bekommen, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Mitglied darf man jedoch nur dann werden, wenn alle Bedingungen erfüllt sind", meint diese/r Frau/Mann.

"Speziell Kroatien ist nicht minder europäisch, als etwa Bulgarien", sagt er/sie. "Mit der Türkei ist es problematischer, aber nicht wegen der Religion. Ich meine, dass die Türken selbst mit einem Großteil der europäischen Richtlinien nicht einverstanden sein werden."

"Es wird viel zu viel über den Beitritt der Türkei gesprochen, dabei erfüllt sie ein Grundkriterium für die EU-Mitgliedschaft nicht – die Einhaltung der Menschenrechte", kritisiert diese Sofioterin/Sofioter. "Ganz anders sieht es mit Kroatien und Island aus – diese Länder gehören zu Europa und wenn die Bürger dort die Mitgliedschaft wünschen, dürfte es keine Probleme geben."

Nach dieser kurzen Umfrage in Bulgarien wollen wir nun schauen, wie die Menschen in Island, Kroatien und der Türkei über die Erweiterung der Europäischen Union denken.

Die Regierung Islands arbeitet gerade einen Fragebogen ab, der bis Mitte November der EU-Kommission vorgelegt werden soll. Das gab der isländische Außenminister Ossur Skarfedinsson nach Unterredungen mit dem EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn bekannt. Island ist Teil der europäischen Wirtschaftszone und des Schengener Raums. Drei Viertel der Beitrittskriterien sind erfüllt und deshalb hofft der Inselstaat, bis 2012 Mitglied der Union zu werden. Wie stehen die Bürger des Landes zu dieser Entscheidung ihrer Regierung? Wir sprachen mit Birgir Peterson, einem bekannten Kommentatoren in Reykjavik.

"Die Bürgerinnen und Bürger in Island sind im Großen und Ganzen gegenüber der Europäischen Union positiv eingestellt. Zugleich lehnen aber die meisten Isländer einen EU-Beitritt ab", sagt Birgir Peterson, und erläutert: "Diese Ablehnung ist auf die Politik der Union in bestimmten bereichen zurückzuführen, in erster Linie in der Fischerei und der Landwirtschaft. Zugleich behaupten viele, dass die Einführung des Euro die Wirtschaft des Landes stabilisieren würde. Es gibt aber keine Garantie, dass dies in den nächsten fünf bis zehn Jahren geschehen wird. Der Großteil der Bevölkerung erwartet nicht, dass eine Mitgliedschaft in der EU das Leben in Island grundlegend verbessern würde", sagt der isländische Kommentator Birgir Peterson, und geht im weiteren auf den Ausgang eines eventuellen Referendums über den Beitritt Islands zur EU ein:

"Die Beitrittsverhandlungen werden voraussichtlich im nächsten Jahr beginnen, wann jedoch eine Volksbefragung über den Beitritt stattfinden wird, ist heute schwer zu sagen", sagt er weiter. "Es ist schwer vorauszusagen, wie in einem oder zwei Jahren das Referendum ausgehen würde. Heute würden jedoch die Isländer einen Beitritt ablehnen. Das Ergebnis hängt ganz von den Beitrittsverhandlungen ab", meint der isländische Kommentator Birgir Peterson.

Aus dem Norden geht unsere Reise nun in den Südosten Europas. Kroatiens Beitrittsverhandlungen befinden sich momentan in einer Sackgasse – der Grund ist ein Grenzstreit mit Kroatiens Nachbarland und EU-Mitglied Slowenien. Unlängst hatte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn erklärt, dass auch Kroatien als frühere jugoslawische Teilrepublik mit dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammenarbeiten muss, was eine der Bedingungen für die Mitgliedschaft in der EU ist. Darüber unterhielten wir uns mit der kroatischen Journalistin Morana Petricic von Radio 101 in Zagreb.

"Der Grenzstreit mit Slowenien steht unmittelbar vor seiner endgültigen Lösung", behauptet die Radiojournalistin. "Nun muss Kroatien nach dem Treffen beider Ministerpräsidenten seine Vorschläge für die Beilegung des Konflikts ausarbeiten und wir erwarten, dass Slowenien danach die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen ermöglichen wird. EU-Erweiterungskommissar Rehn hatte angekündigt, dass die Verhandlungen noch im kommenden Jahr abgeschlossen werden können. Die Menschen in Kroatien sind jedoch momentan viel mehr mit ihren alltäglichen Problemen beschäftigt, als mit dem Beitrittsprozess", sagt Morana Petricic.

Die einflussreiche unabhängige Türkei-Kommission, der hochrangige europäische Politiker mit dem früheren finnischen Präsidenten Marti Ahtisaari an der Spitze angehören, betonte dieser Tage, dass die Verhandlungen mit der Türkei fortgesetzt werden müssen. In einem Bericht der Kommission heißt es, dass die negativen Äußerungen europäischer Spitzenpolitiker über die Aufnahme der Türkei dem Ansehen der Europäischen Union schaden. Darüber sprachen wir mit dem bekannten türkischen Analysten und Diplomaten Murat Bilhan.

"Die Unterstützung der türkischen Bevölkerung für eine Mitgliedschaft in der EU schwindet", behauptet er. "Die Politik und die öffentlichen Institutionen sind nach wie vor Befürworter des EU-Beitritts. Jüngste Meinungsumfragen zeigen, dass nur etwa die Hälfte der Menschen in der Türkei das Land in der EU sehen möchten. Die öffentliche Meinung in der Türkei selbst kann natürlich auch umschlagen. In der breiten Öffentlichkeit spricht man inzwischen von Enttäuschung und sogar Wut gegenüber der EU, was natürlich auf die Äußerungen von einflussreichen EU-Politiker zurückzuführen ist. Obwohl der französische Präsident Nikolas Sarkozy und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu den bekanntesten Gegnern der Türkei in der Europäischen Union gehören, gibt es auch ausreichend Länder, die eine Mitgliedschaft befürworten", sagt Murat Bilhan.

Die bulgarische Außenministerin Rumjana Schelewa legt den Schwerpunkt ist in der Frage der EU-Erweiterung auf ein anderes Thema:

"Für alle EU-Mitgliedsländer ist der Erfolg des Reformvertrages von erstrangiger Bedeutung", sagt sie. "Wir hoffen, dass die Ratifikation des Lissaboner Vertrages erfolgreich abgeschlossen wird. Ohne diesen Vertrag können wir in der EU keine Erweiterung vorantreiben. Der Fortschritt eines jeden Kandidatenlandes muss einzeln bewertet werden", betonte Bulgariens Außenministerin Schelewa.

Autorinnen: Diana Grigorowa, Veneta Nikolowa, Tatjana Obretenowa
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova



 
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