Lebensmittelkennzeichnung: Rat ignoriert Europaparlament
Verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf Verpackungsfrontseite abgelehnt /Gesetzgebungsverfahren geht in zweite Lesung
Die künftige EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Lebensmitteln rückt in weite Ferne. Die EU-Verbraucherschutzminister änderten heute eine Beschlussvorlage des Europaparlaments in mehreren Punkten ab, so dass eine zügige Einigung unmöglich wird. "Der Rat greift zwar einige Empfehlungen des Europaparlaments auf, wie etwa die Streichung von nationalen Kennzeichnungssystemen, weil diese das Prinzip des gemeinsamen Binnenmarktes verletzen. Viele andere Entscheidungen, die im Parlament mit großer Mehrheit verabschiedet wurden, berücksichtigt der Rat aber nicht", kritisierte die Berichterstatterin des Europaparlaments, Renate Sommer.
So schlagen die Verbraucherschutzminister keine verpflichtende Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite vor. Noch nicht einmal der Energiewert von Lebensmitteln soll auf der Vorderseite gekennzeichnet werden. Auch die von allen Seiten begrüßte Streichung der unverständlichen Kilojoule-Angabe wurde vom Rat nicht übernommen.
"Mich beschleicht das Gefühl, dass die Entscheidung des Rates übers Knie gebrochen wurde. Das Ergebnis ist ein schludriger Entwurf, der wichtige Details vernachlässigt. Der Rat fordert zum Beispiel eine Kennzeichnung von Alkopops und Lebensmittelimitaten, ohne zu definieren, was das eigentlich ist. Das führt zu Rechtsunsicherheit", sagte die CDU-Europaabgeordnete.
"Das Ergebnis enttäuscht mich umso mehr, als gerade die nationalen Ministerien über zahlreiche Experten verfügen, die die kniffligen Detailfragen lösen könnten. Mit der hastig verabschiedeten Position spielt der Rat den Ball aber nur an das Parlament zurück. Wir müssen uns daher im Europäischen Parlament auf schwierige Verhandlungen zur zweiten Lesung einstellen. Die Verbraucher werden also noch eine Weile auf eine verständlichere Kennzeichnung von Lebensmitteln warten müssen - wenn sie überhaupt noch zustande kommt", so Sommer.