Rat schlägt bei Schengen ausgestreckte Hand aus
Gemeinschaftsorgane beteiligen / Neue Rechtsgrundlage für Legislativakte schafft Intransparenz / EVP erwägt Gang vor den EuGH
Als „vergebene Chance und Rückfall in vergangene Zeiten" haben der stellvertretende EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) und der zuständige Berichterstatter Carlos Coelho (PSD) die heutigen Ergebnisse des EU-Innenministerrats in Luxemburg zu den Schengen-Regeln bezeichnet. „Leider haben die Minister nicht die ausgestreckte Hand des Parlaments ergriffen, sondern sie setzen auf Konfrontation", betonten Weber und Coelho. Die Reisefreiheit in Europa sei „ein fundamentales Recht der Europäer und ein Eckpfeiler der EU". Dass die Minister nun trotz des gegenteiligen Auftrags des Europäischen Rats wieder auf mehr nationale Entscheidungskompetenz setzten, sei „eine Rolle rückwärts".
Die beiden EVP-Abgeordneten sagten, das Parlament wolle nicht die Kompetenzen der Mitgliedstaaten bei der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung infrage stellen. „Wenn aber die offenen Grenzen eingeschränkt werden sollen, dann ist dies auch eine gesamteuropäische Frage. Dann müssen Gemeinschaftsorgane mit im Boot sein, sonst ist dem Populismus, wie in Dänemark geschehen, Tür und Tor geöffnet." Inhaltlich hätten sich Parlament und Rat bereits weit angenähert. Dies werde aber durch die heutigen Entscheidungen ad absurdum geführt.
Weber und Coelho kritisierten insbesondere, die Legislativentscheidung auf eine neue Rechtsgrundlage zu stellen. Damit sei das Parlament künftig nicht mehr eingebunden. „Dies hat zur Folge, dass die Entscheidungen wieder intransparent in Kungelrunden der Bürokratien getroffen werden. Dies ist ein Rückschritt in Vor-Lissabon-Zeiten." Die EVP werde vorschlagen, diese Rechtsgrundlage durch den EuGH prüfen zu lassen. „Für uns ist fraglich, wie der Rat künftig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Parlament gestalten will, wenn er offensichtlich kein Vertrauen in die Abgeordneten hat."