"So darf man uns nicht behandeln"
Bulgariens Vize-Premierministerin Meglena Plugtschieva ist über die Streichung von 220 Millionen Euro EU-Mitteln enttäuscht -
Brüssel habe den Reformprozess nicht gewürdigt.
STANDARD: Bulgariens Premier Sergej Stanischev und Präsident Georgi Parvanov haben Anfang Dezember empört auf den Beschluss der EU-Kommission reagiert, Fördergelder in der Höhe von 220 Millionen Euro zu streichen. Waren Sie auch von der Entscheidung überrascht?
Plugtschieva: Ja, gewissermaßen. Denn die beiden Zahlungsagenturen im Finanz- und Regionalministerium - die die nun gestrichenen Gelder aus dem EU-Phare-Programm verwalten - wurden ja reformiert. Es wurde Personal ausgewechselt und die Kontrollmechanismen wurden verstärkt. Auch die Ergebnisse von zwei Wirtschaftsprüfungen der EU-Kommission waren positiv. Außerdem enthält der Brief, den ich von Michael Leigh, dem Leiter der Generaldirektion für Erweiterung, bekommen habe, keine Begründung für diese Entscheidung. Das Prinzip des Dialogs und der Solidarität wurde in diesem Fall verletzt. Deshalb kann ich nur zum Ausdruck bringen, dass ich nicht einverstanden und enttäuscht bin. Ich werde nach den einschlägigen Argumenten verlangen. Und dennoch wollen wir mit demselben Ehrgeiz und politischen Willen weiter arbeiten. Denn wir bemühen uns um Bulgarien, und nicht darum, die Erwartungen der EU-Kommission oder die des Leiters einer Generaldirektion zu erfüllen.
STANDARD: Hat Bulgarien also den politischen Willen zu Reformen?
Plugtschieva: Ja, wir wollen die Korruption bekämpfen. Seitdem ich auf diesem Posten arbeite, findet alle zwei Wochen eine Pressekonferenz über die Reform der Verwaltung der EU-Hilfen statt, damit unsere Arbeit transparent genug ist. Damit bin ich in den Medien sogar überdurchschnittlich stark vertreten. Ich arbeite täglich zwölf bis 14 Stunden, dasselbe verlange ich auch von den anderen. Sicher sind wir nicht perfekt, schließlich lernen wir im Umgang mit den EU-Mitteln stetig dazu, und es ist unmöglich, alle Defekte im System der vergangenen zwei bis drei Jahre auf einmal auszubessern. Aber man sollte nicht vergessen, dass Bulgarien im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten wirtschaftlich sehr gut dasteht und sehr viel zur allgemeinen Stabilität der EU beiträgt. So darf man uns also nicht behandeln.
STANDARD: Woran mangelt es bei der Verwaltung der EU-Fonds?
Plugtschieva: Das Prinzip, Mitarbeiter nach parteipolitischen Quoten einzustellen, ist schwierig. Ich muss persönlich dafür kämpfen, dass das Verwaltungspersonal nur durch entsprechende Ausschreibungen zusammengesetzt wird. Am Anfang fehlte auch die Kooperationsbereitschaft bei bestimmten Ministern, man neigte dazu, die Probleme kleinzureden. Und die oft schlecht informierte untere Verwaltungsebene stellt uns weiterhin vor Schwierigkeiten.
STANDARD: Nach dem ernüchternden EU-Bericht im Juli und nach der Streichung der EU-Mittel wird Bulgarien in der EU als das Symbol für Korruption schlechthin gesehen. Was tun gegen dieses Image?
Plugtschieva: Ich teile die Ansicht ganz und gar nicht, dass Bulgarien zu den korruptesten Ländern Europas gehört. Zu dem negativen Image unseres Landes hat ein ganzer Komplex von Umständen geführt. Ich persönlich mache, was ich kann, damit die EU-Hilfen zweckmäßig verwendet werden. Dennoch ist der Reformprozess viel langsamer und mühsamer, als ich mir das wünschen würde.