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18-07-2004

DER TERRORISMUS IST EINE INADÄQUATE REAKTION AUF UNGERECHTIGKEIT

Das Geiseldrama im Irak und die Hinrichtung einer bulgarischen Geisel hat nicht nur Betroffenheit in der bulgarischen Öffentlichkeit ausgelöst, sondern auch viele Fragen aufgeworfen. Fragen nach den Ursachen der Tragödie, nach der Reaktion der bulgarischen Politiker und den möglichen Folgen für die bulgarische Gesellschaft. Besonders stark drängt sich auch die Frage auf: "Was sind das für Menschen, die imstande sind, so etwas zu tun, die so kaltblütig und grausam morden?"
Zu diesem Thema unterhielt sich Krassimir Martinow mit der stellvertretenden Direktorin des Psychologischen Instituts bei der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften, Tolja Stoizowa. Der Hang zu Aggressivität ist laut Sigmund Freund dem Menschen angeboren. Je zivilisierter aber eine Gesellschaft ist und bestimmte Normen einhält, umso mehr wird die Aggression unterdrückt. Auf die Frage nach den Wurzeln des Terrorismus im Irak meint Tolja Stoizowa, dass dort die wichtigsten Schutzmechanismen, darunter die Religion, nicht mehr funktionieren, denn: "Es gibt keine Religion, die Gewalt predigt. In letzter Zeit kommt aber der Eindruck auf, dass die Menschen, die einer bestimmten Religion angehören, negativer und aggressiver gegenüber dem Rest der Welt eingestellt sind. Das ist aber auf keinem Fall allein mit der Religion zu erklären, denn ihre Glaubenssätze werden oft ignoriert. Die Dinge sind viel komplizierter. Wenn der Gerechtigkeitssinn einmal verletzt ist, dann lassen sich die Menschen von einer Mischung aus ihrer eigenen Lebensphilosophie sowie aus religiösen und politischen Anschauungen leiten. An dem, was im Irak derzeit passiert, scheiden sich die Geister. Viele Menschen, sowohl in Bulgarien als auch überall auf der Welt, waren gegen den Irakkrieg. Das heißt, dass ihr Sinn für Gerechtigkeit verletzt ist. Ich glaube auch, dass das die Wurzel ist für die inadäquaten Reaktionen, wie z.B. für die terroristischen Anschläge, die der stärkste Ausdruck des verletzten Gerechtigkeitsgefühls sind. Nicht umsonst gelten einige Terroristen in ihren eigenen Ländern oder Gemeinschaften als Helden. Und für uns sind sie Terroristen. Ich meine, dass ein Mensch, der andere Menschen so kaltblütig und sadistisch ermorden kann, wirklich pervers sein muss, das heißt, es liegen ernsthafte Abweichungen von der Norm vor. Doch diese Menschen, von denen wir sprechen, wurden von frühester Kindheit an, wenn die Persönlichkeit aufgebaut wird, in diesem Geiste erzogen. Oft kommt es bei ihnen zu einer Spaltung der Persönlichkeit. Ihnen wurden einerseits über einen langen Zeitraum bestimmte Werte anerzogen, die nicht charakteristisch sind für unsere Zivilisation und mit Gewalt zu tun haben. Andererseits leben sie in einer Zivilisation, in unserer modernen Zivilisation, die die Gewalt verurteilt. Dieser Widerspruch lässt die Terroristen mit ständigen Zweifeln und Gewissensbissen leben. Wir haben nach dem 11. September gesehen, dass ein Teil der Gewalttäter einem starken inneren Kampf ausgesetzt waren, ob sie es überhaupt tun sollen oder nicht. Es ist also nicht so einfach, Menschen zu ermorden und abzuschlachten, es sei denn, es handelt sich wirklich um perverse Menschen, wie ich es oben erwähnt habe, die wir nicht als normal betrachten."
Besteht das Risiko, dass nach dem Geiseldrama in Irak und nach der Ermordung von bulgarischen Soldaten in Kerbala in der bulgarischen Gesellschaft antiarabische Stimmungen aufkommen, lautete die nächste Frage an Tolja Stoizowa.
"Wir können nicht der ganzen bulgarischen Gesellschaft eine solche Reaktion zuschreiben. Die Bulgaren würden nicht so reagieren und eine negative Haltung gegenüber der arabischen Welt oder einem bestimmten Staat einnehmen. Sie verstehen, dass das nicht mit Ländern, Regierungen oder mit einer Staatsform zusammenhängt. Ich würde mir eher wünschen, dass wir Bulgaren unsere Einstellung gegenüber der Gewalt überhaupt ändern, und zwar nicht nur wenn wir Opfer von Gewalt von außen werden, sondern auch wenn Bulgaren Gewalt gegenüber Bulgaren anwenden. In den letzten Jahren wurden auch in Bulgarien nicht wenige Morde verübt. Also, das, was mich stört, ist, dass die bulgarische Gesellschaft noch viel zu tolerant gegenüber der Gewalt reagiert, die um uns herum passiert. Es ist aber höchste Zeit, dass wir, wenn wir hohe Ansprüche für eine entwickelte Gesellschaft erheben, und ich meine wir sind eine solche Gesellschaft, dann müssen wir auch viel intoleranter gegenüber der Gewalt werden, unabhängig davon, wo ihr Ursprung ist, ob jenseits unserer Grenzen oder im Land selbst“, sagte die Psychologin Tolja Stoizowa.

Autor: Krassimir Martinow
Redaktion: Vera Dobreva



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