DIE VOLLMACHTEN DES EUROPAPARLAMENTS
Finanzielle Kontrolle und Haushalt; Außenpolitik; Demokratische Kontrolle; Ermittlung, Berufung, bürgerliche Petitionen; Menschenrechte
Das Europaparlament verfügt über wichtige Vollmachten für Kontrolle auf die Tätigkeiten der Europäischen Union
Recht auf bürgerliche Petitionen: Alle europäischen Bürger haben Recht darauf, eine Petition ins Parlament einzureichen und Rehabilitation von Schäden zu verlangen, wenn das das Aktionsfeld der EU betrifft. Das Europaparlament stellt auch den Bürgerbeauftragten ein, der die Beschwerden der Bürger gegen Institutionen oder Behörden der Gemeinschaft behandelt und erörtert mit dem Zweck die Auseinandersetzung in gegenseitigem Einverständnis auszugleichen. In Bezug auf die Ermittlungen gegenüber den Mitgliedsstaaten verfügt das Europaparlament über das Recht darauf, in Fällen von Verstößen oder schlechter Anwendung des Gemeinschaftsrechts Untersuchungsausschüsse zusammenzurufen. Einberufen wurde ein solcher Untersuchungsausschuss während der Krise, die von der Krankheit „Rinderwahnsinn" verursacht wurde und das führte zur Gründung der Europäischen Veterinäragentur. Das Parlament hat Recht auf Berufung vor dem Gericht der Europäischen Gemeinschaften - z.B. die Erklärung einer Verordnungsakte für ungültig zu verlangen, die die parlamentarischen Prärogative verletzen könnte. Außerdem kann das EP Berufung einlegen durch Verfahren bezüglich Nichtausführung der Verpflichtungen in Zusammenhang mit der Anwendung der europäischen Gesetzgebung durch die Kommission oder den Rat der EU.
Das Europaparlament verfügt über das Recht auf finanzielle Kontrolle im Bereich der Wirtschaft und der Finanzfragen. Der Vorsitzende, der stellvertretende Vorsitzende und die Mitglieder des Direktorenrates der Europäischen Zentralbank(EZB) sollen vom Parlament zugestimmt werden, bevor sie vom Rat eingestellt werden. Der Vorsitzende der EZB stellt den Jahresbericht auf einer Plenarsitzung des EP vor.
Die Einnahmen und die Ausgaben im Haushalt der Europäischen Union sollen unbedingt ausgeglichen werden. Die EU selbst erhebt keine Steuern. Deswegen wird die Haushalt der EU von vier Quellen „eigener Mittel" finanziert, die die Mitgliedstaaten nach einer Beratung mit dem Europaparlament zuweisen. Die vier Quellen „eigener Mittel" sind wie folgt: Zölle - rund 10% der Einnahmen, Landwirtschaftliche Gebühren - rund 1% der Einnahmen, Einkommensrate der Mitgliedstaaten von den Mehrwertsteuereinnahmen - 14%, „Bruttonationaleinkommen" (der Beitrag jeden Mitgliedstaates je nach seiner Beteiligung am Bruttonationaleinkommen der
Gemeinschaft, der maximale Prozent ist 1,27%) - rund drei Viertel aller Mittel.
Die Haushalt des Europaparlaments selbst beträgt 1% der gesamten Haushalt der EU oder einen Fünftel der gesamten Verwaltungsausgaben aller europäischen Institutionen. Die EP-Haushalt für 2006 beläuft sich auf 1,32 Milliarden Euro - 44% dieser Summe sind für Ausgaben für das Personal bestimmt, vor allem für Gehälter der 5800 Angestellten, die in der Verwaltung und in den politischen Fraktionen tätig sind. Rund 21 % der EP-Haushalt sind für Ausgaben für die EP-Mitglieder bestimmt, die Ausgaben umfassen Reisekosten, Bürokosten und Kosten für persönliche Assistenten. Die Ausgaben für die EP-Gebäude betragen 9% der Haushalt für 2006, und je 5% sind die Kosten für Informationstätigkeit und -produkte, sowie für die Informationstechnologien und Telekommunikationen. Für die politischen Fraktionen sind etwa 4% der Haushalt bestimmt. Das Verfahren über die Erstellung der EP-Haushalt beginnt gewöhnlich im Februar mit einem Vorschlag des Generalsekretärs über die Prioritätensziele und die notwendigen Ressourcen für das kommende Jahr. Auf diesem Basis genehmigt das Parlamentsbüro so genannte vorläufige Entwurfsprognosen und sie werden vom Haushaltsausschuss übernommen. Einer der Mitglieder dieses Ausschusses fertigt einen Bericht aus, der nachher vom Ausschuss abgestimmt wird. Darin werden die Prioritäten der Arbeit des Parlaments bestimmt und die für die Haushalt vorgeschlagenen Summen eingeschlossen. Auf Basis von diesem Bericht billigt das Parlament gewöhnlich im Mai die Haushaltsprognosen. Danach werden sie im Entwurf für die Haushalt der EU eingeschlossen, der Entwurf wird vom Parlament durch zwei Lesungen geändert und genehmigt, wobei die zweite Lesung im Dezember durchgeführt wird.
Das Europaparlament übt demokratische Kontrolle auf die Europäische Kommission aus, die Arbeitsweise des Rates unterliegt auch in einiger Maßen der parlamentarischen Kontrolle.
Der Vorsitzende der Kommissison wird vom Rat vorgeschlagen, der eine Entscheidung mit Mehrheit der Stimmen trifft. Das Parlament akzeptiert oder lehnt die Kandidatur ab. Danach, in Einverständnis mit dem vorgeschlagenen Vorsitzenden nominieren die Migliedstaaten die Mitglieder der Kommission. Die Kommisssion als Ganzes soll erneut vom Parlament genehmigt werden. Das Parlament verfügt über das Recht darauf, Misstrauensvotum gegen die Kommission abzustimmen. Das ist ein Grundrecht, mit dem die EP-Mitglieder die demokratische Kontrolle in der EU gewährt. Die Kommission kann also bezwungen werden, abzudanken. Die Kommission stellt regelmäßig Berichte vor dem Parlament vor, wie z.B. Jahresbericht der Kommission in Bezug auf das Funktionieren der Gemeinschaften, Jahresbericht in Bezug auf die Anwendung der Haushalt u.a. Bei der Behandlung dieser Berichte übt das Europaparlament sein Recht auf Exprtenmeinung aus. Das Parlament verfügt über Recht auf politische Initiative. Es kann von der Kommission verlangen, dass sie einen Antrag vor dem Rat der EU einbringt. Die Einbringung von Fragen durch die EP-Mitglieder, auf die der Rat oder die Kommission mündlich oder schriftlich antworten sollen, ist eine Weise, auf die das Europaparlament Kontrolle ausüben kann.
Der Europäische Rat vereinigt die Staats- und Regierungsoberhäupte und tagt nicht mehr als vier Mal pro Jahr. Jeder Staat vertritt den Europäischen Rat für sechs Monate nach dem Rotationsprinzip. Der Europäische Rat gibt den notwendigen Impuls für die Entwicklung der EU und bestimmt die allgemeinen Richtungen und die politischen Prioritäten, wobei er die Ratschläge des Europaparlaments berücksichtigt. Jedes Gipfeltreffen beginnt mit einer Äußerung des Präsidenten des Europaparlaments, der die Stellungnahme seiner Institution vorstellt in Bezug auf die verschiedenen Fragen, die von den Staats- und den Regierungsoberhäupten erörtert werden sollen. Nach jedem Gipfeltreffen stellt der Vorsitzende des Europäischen Rates einen Bericht vor dem Parlament vor und nimmt eine Diskussion mit den EP-Mitgliedern auf. Der Rat der Europäischen Union wendet sich an das Europaparlament um Beratung in Bezug auf die Hauptaspekte und Richtungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Seinerseits kann das Parlament an den Rat Fragen und Empfehlungen über die Entwicklung in der Außen- und Sicherheitspolitik richten.
Andere außenpolitische Tätigkeiten - durch seinen Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten pflegt das Europaprlament ständigen Kontakt mit dem Hohen Repräsentanten der EU in Bezug auf die Fragen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, sowie mit dem Mitglied der Europäischen Kommission, das für die auswärtigen Angelegenheiten zuständig ist. Außerdem gibt das Parlament seine Zustimmung beim Beitritt neuer Mitgliedländer in die EU und wird bezüglich der internationalen Abkommen beraten, wie z.B. die Abkommen über die Assoziierung oder über die Handelszusammenarbeit zwischen der Union und anderen Ländern.
Das Europäische Parlament trägt dazu bei, dass die Europäische Union eine wesentliche Rolle im Prozess der Globalisierung spielt. Das Europaparlament beteiligt sich aktiv an Diskussionen über diese Themen und beobachtet aus der Nähe die Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WHO), um seine Zustimmung bezüglich der Ergebnisse der von der EU im Rahmen der WHO geführten Verhandlungen zu geben, sowie Empfehlungen an die Europäische Kommission zu richten, die hauptsächlich die Verhandlungen für die EU führt.
Der Schutz der Menschenrechte in der Welt ist von Hauptpriorität für das Europaparlament. Sein Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten befasst sich direkt mit dem Schutz der Menschenrechte in den Nicht-Mitgliedstaaten der EU. Jedes Jahr stellt das Europaparlament einen Bericht bezüglich der Lage der Menschenrechte in anderen Ländern vor, sowie einen Bericht über die Einhaltung der Menschenrechte in der EU selbst. Das EP wird vom Rat über jeden Beschluss bezüglich Außerkraftsetzung der Abkommen mit einem Land im Namen des Schutzes der Menschenrechte informiert. Auf diese Weise kann das Parlament Druck auf gewisse Staaten ausüben mit dem Ziel die Befreiung von politischen Häftlingen oder der Anschluss dieser Staaten zu den internationalen Engagements im Bereich des Schutzes der Menschenrechte. Während jeder monatlichen Plenarsitzung im Europaparlament werden Debatten in Zusammenhang mit Fällen von Verletzungen der Menschenrechte, der Demokratie und des Rechtsstaates durchgeführt. Das Parlament hat eine Reihe von Resolutionen angenommen, die die Regierungen verurteilen, die die Menschenrechte verletzen.