"Europawahlen – Du entscheidest!"
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Vom 4. bis 7. Juni wählt Europa seine 736 Abgeordnete in Brüssel und Straßburg. Zum ersten Mal in seiner Geschichte organisiert das Europaparlament eine EU-weite Kampagne, um für die Bedeutung der Europawahlen zu werben. "Europawahlen – Du entscheidest!" ist das Motto der nunmehr sechsten Wahlen zum Europaparlament.
Das Europaparlament versucht zu überzeugen, dass jede Stimme zählt und jeder mit seiner Stimme entscheidet. Kommt diese Botschaft bei den Wählerinnen und Wählern in Bulgarien auch an? Hier eine kurze Umfrage auf Sofias Straßen:
"Diese Botschaft erreicht mich nicht", sagt diese Frau. Sie ist überzeugt, dass alles wie immer über die Köpfe der Bürger entschieden wird.
"Das alles ist fern von mir", sagt auch eine andere Passantin. "Ich glaube nicht, dass die bulgarischen Stimmen in Europa etwas entscheiden können. Mehr noch – das "alte" Europa nutzt Osteuropa wie die früheren Kolonialmächte aus", behauptet sie.
"Ich glaube fest daran, dass alles von mir selbst entschieden wird", ist diese junge Dame überzeugt. "Ich bin noch jung, die Zukunft liegt vor mir, also entscheide ich mit, wie sich mein Leben gestalten wird. Ich kann nicht warten, bis ich alt bin, um meine Meinung zu äußern und kundzutun. Ich glaube, dass es viele Möglichkeiten für die jungen Menschen gibt, sich an der Politik zu beteiligen", sagt die junge Dame weiter. Ähnlich denkt auch eine andere junge Sofioterin:
"Natürlich hängt es von unserer Stimme ab. Die junge Generation hat es in der Hand, wenn sie etwas verändern will", sagt sie, und ihr Freund fügt hinzu:
"Wie meine Freundin schon sagte – wir entscheiden. Wenn man nicht wählen geht, dann hat man nichts zu entscheiden."
Violeta Simeonowa-Stanicic ist die neue Leiterin des Informationsbüros des Europaparlaments in Sofia. Die frühere Journalistin einer großen bulgarischen Tageszeitung stellte sich als erste Aufgabe in ihrer neuen Funktion die höhere Wahlbeteiligung bei den Europawahlen. Warum ist es wichtig, wählen zu gehen?
"Das Europaparlament gewinnt innerhalb der Europäischen Union immer mehr an Bedeutung. Diese Tendenz wird vom Lissaboner Vertrag gefestigt", sagt Violeta Simeonowa-Stanicic. "Alle Entscheidungen der Europäischen Union werden in engster Kooperation mit dem Parlament getroffen. Daher ist das Europaparlament eine richtungsbestimmende Institution der EU. Obwohl sich das Europaparlament aus Parteifraktionen zusammensetzt, ist der politische Machtkampf zwischen Mehrheit und Opposition bei weitem nicht so ausgeprägt, wie in den nationalen Parlamenten. Die Abgeordneten im Europaparlament arbeiten viel enger zusammen, um gemeinsame Ziele zu erreichen. So betrachtet wählen die Europäer ihre Zukunft und legitimieren diese demokratische Institution", behauptet die neue Leiterin des Informationsbüros des Europaparlaments in Sofia. "Die Wählerinnen und Wähler müssen sich bewusst machen, dass sie Persönlichkeiten ins Parlament wählen, die an unsere gemeinsame Zukunft feilen werden. So verwandelt sich die auf dem ersten Blick unwichtige Stimme eines Einzelnen in eine gebangte Macht. Europa hat immerhin 375 Millionen Stimmen."
Wie soll und kann jeder einzelne Wahlberechtigte in Europa überzeugt werden, dass seine Stimme wichtig ist? Ein Versuch von Violeta Simeonowa-Stanicic:
"Das Europaparlament verabschiedet zahlreiche Gesetze und Verordnungen, die unseren Alltag betreffen, wie z.B. neue Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr, einschließlich Entschädigungen bei Verspätungen. Sehr bald soll der EU-weite einheitliche Führerschein in Kraft treten. Es gelten gleiche Ausbildungskriterien für Ärzte und Krankenschwestern, so dass sie überall in der Europäischen Union arbeiten können. Solche konkrete Beispiele gibt es in Hülle und Fülle, und sie zeigen, dass Europa tatsächlich zusammenwächst", zählt Simeonowa-Stanicic auf.
Der EU-Wahlkampf kostet uns 18 Millionen Euro. Geteilt durch alle stimmberechtigten Bürger entfallen etwa 5 Cent auf jeden Einzelnen. Wie kann nach den Europawahlen beurteilt werden, ob sich die Kampagne gelohnt hat? Wie hoch muss die Wahlbeteiligung sein, um von einem Erfolg zu sprechen? Dazu wieder die Leiterin des Informationsbüros des Europaparlaments in Sofia, Violeta Simeonowa-Stanicic:
"Dazu gibt es keine Norm, es kann keine Grenze gezogen werden", sagt sie. "Die Kampagne "Europawahlen – Du entscheidest!" kostet nicht viel, sie will durch wenige, dafür aber eindrucksvolle Plakate, 3-D-Installationen und die blaue Choise Box die Menschen erreichen. Für uns wird es ein Erfolg sein, wenn wir eine höhere Wahlbeteiligung als 2007 erreichen, wenn die Menschen in Bulgarien spüren, dass sie zur europäischen Familie gehören und ihre Stimme genau so wert ist, wie die Stimme jedes anderen EU-Bürgers", sagte abschließend die Leiterin des Informationsbüros des Europaparlaments in Sofia Violeta Simeonowa-Stanicic.
Als bisherige Europaabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Europaparlament hat die bulgarische Richterin Duschana Zdrawkowa eine landesweite Kampagne gestartet, um für die Europawahl zu werben. Zielgruppe waren die jungen Wähler.
"Ich wünsche mir sehr, dass die jungen Menschen zur Europawahl gehen. Wir haben nicht von ungefähr eine gesonderte Kampagne gestartet", sagt Duschana Zdrawkowa. "Dabei handelt es sich um eine europaweite Initiative in Zusammenarbeit mit dem Forum europäischer Studenten, die bereits im September an der Wiener Universität begann. Die Kampagne ist in allen bulgarischen Universitätsstädten sehr gut aufgenommen worden. Die Abschlussveranstaltung in Bulgarien hatten wir Mitte Mai im Informationsbüro des Europaparlaments in Sofia", berichtet die Europaabgeordnete Duschana Zdrawkowa.
Können Kampagnen, wie diese, die Europäer überzeugen, zur Urne zu gehen? Und wie nehmen die jungen Menschen solche Veranstaltungen auf? Dazu wieder Duschana Zdrawkowa:
"Alle Formen der Kampagnen sind wichtig, denn so erreicht man möglichst viele Menschen", ist die bulgarische Europaabgeordnete Zdrawkowa überzeugt. "Ob man sich für Wahlplakate oder alternative Formen der Wahlwerbung entscheidet, ist eine Frage des Aufnahmevermögens. Am wichtigsten bleiben die persönlichen Kontakte, die Gespräche, die Diskussionen mit den Menschen, und zwar nicht nur während des Wahlkampfes. Ich persönlich meine, dass die jungen Menschen am besten über Internet erreichen kann", meint Duschana Zdrawkowa. "Ich hatte mehrere online-Diskussionen, und das Interesse war da."
Duschana Zdrawkowa hat die Zusammenarbeit mit dem Forum europäischer Studenten angesprochen. Vorsitzender dieser europäischen Studentenorganisation ist Dragan Stojanovski. Werden die jungen Menschen das nächste Europaparlament wählen?
"Mit Sicherheit nicht, leider", sagt Dragan Stojanovski. "Das betrifft nicht nur die Studenten, sondern alle Europäer, die sich für Europa nicht so sehr interessieren. Der Grund dafür ist an erster Stelle die fehlende Information. Außerdem behaupten viele, dass ihre Stimme an Europa nichts ändern wird, da die Entscheidungen in Brüssel getroffen werden, ohne auf die Interessen des Einzelnen zu achten", sagt Dragan Stojanovski.
Wie können die jungen Menschen motiviert werden, am 7. Juni wählen zu gehen? Dazu wieder der Vorsitzende des Forums europäischer Studenten Dragan Stojanovski:
"Aus einem einfachen Grund – das Europaparlament bekommt durch den Reformvertrag wesentlich mehr Vollmachten und trifft immer mehr Entscheidungen, die unseren Alltag betreffen", begründet Dragan Stojanovic. "Je mehr das Europaparlament an Bedeutung gewinnt, um so stärker wird die Europäische Union. Andererseits aber wächst das Desinteresse der Menschen an die europäischen Institutionen. Daher glaube ich, dass die jungen Menschen am Zug sind, um diesen Status quo zu verändern. Die Menschen glauben einfach noch nicht, dass sie durch ihre Stimme für das Europaparlament ihre eigene Zukunft mitgestalten", meint Dragan Stojanovski.
"Ich glaube, dass die jungen Menschen von Europa am meisten profitieren", sagt er weiter. "Das betrifft insbesondere die Bildung. Das Erasmus-Programm bietet vielfältige Möglichkeiten, sich weiter zu bilden, europaweit Erfahrungen zu sammeln. Die jungen Menschen sind aktive Menschen, sie interessieren sich für die globale Entwicklung, für die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Sie wissen ganz genau, dass solche Probleme nur gemeinsam gelöst werden können. Ihre Themen sind der Umweltschutz, der Klimawandel, aber auch die Arbeitslosigkeit. Daher versprechen sie sich von der Europäischen Union mehr Chancen", sagt der Vorsitzende des Forums europäischer Studenten Dragan Stojanovski.
cafebabel.com stellt sich als das erste europaweite und mehrsprachige Nachrichtenmagazin vor, das für Leser bestimmt ist, die über Grenzen hinweg denken. Cafebabel.com will die ‚Eurogeneration‘ erreichen, also die erste Generation, die Europa dank des Erasmusprogramms, des Internets und zunehmender Mobilität täglich lebt. Fernando Navarro ist Verantwortlicher für Politik und das Projekt "EU Debate".
"Wenn sich die jungen Europäer tatsächlich für die Arbeitslosigkeit, die Freiräume im Internet, die Migrationprozesse in Europa und die Weltwirtschaftskrise interessieren, dann sind sie jetzt aufgerufen, zu all diesen Themen Stellung zu nehmen, indem sie wählen gehen", fordert Fernando Navarro. "Das Europaparlament ist die einzige europäische Institution, die in Direktwahl zusammengesetzt wird. In nur wenigen Montanen wird das Europaparlament seine Vollmachten verdreifachen. Daher sind die Europawahlen in diesem Jahr die ersten, die Europa tatsächlich verändern können. Unsere Erfahrung im Internetportal eudebate2009.eu zeigt, dass sich die jungen Menschen eine klare Differenzierung zwischen den Parteien im Europaparlament wünschen. Auf europäischer Ebene wurde bisher zu sehr mit dem politischen Konsens spekuliert, was die Wähler demotiviert", behauptet Fernando Navarro vom mehrsprachigen Nachrichtenmagazin cafebabel.com.
Liebe Hörerinnen und Hörer, damit wollen wir uns von Ihnen für heute verabschieden. In der nächsten Sendung aus der Reihe "Partnerschaft mit dem Europaparlament" wollen wir die Ergebnisse und natürlich die Wahlbeteiligung bei den Europawahlen kommentieren.
Das Gemeinschaftsprojekt "Partnerschaft mit dem Europaparlament" des Europäischen Instituts, Radio Bulgarien und Portal Europa wird von der Generaldirektion "Kommunikation" des Europäischen Parlaments getragen. Ihre Fragen und Meinungen können sie per Post zusenden, oder uns mailen. Die Adresse lautet: info@europe.bg. Nähere Einzelheiten können sie auf folgender Internetseite erhalten: http://parliament.europe.bg.
Autorinnen: Iliana Rajtschewa und Veneta Nikolowa
Übersetzung und Redaktion: Vessela Vladkova