Der „anatolische Schwabe“ am Ziel
Als erster türkischstämmiger Parteichef Deutschlands geht er in die Geschichte ein: Cem Özdemir, 42-jähriger Einwanderersohn, wurde am Wochenende mit fast 80 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden der Grünen (in Doppelspitze mit Claudia Roth) gewählt und ähnlich wie Barack Obama, der erste schwarze Präsident der USA, bejubelt: „Yes, we Cem!", lautete die euphorische Parole des Tages bei den Grünen und den Türken in Deutschland.
Der „anatolische Schwabe", wie er sich selbst gern nennt, ist das Symbol schlechthin für eine gelungene Integration. 1992 als erster türkischstämmiger Abgeordneter in den Bundestag eingezogen, war er von Anfang an ein Realo: Der Pragmatiker Özdemir hält nicht viel von alten grünen Utopien. Lang haftete ihm das Image des smarten Aufsteigers an, der sich lieber im schicken Anzug präsentierte, als sich in die Niederungen grüner Basisarbeit zu begeben.
Der Weg an die Parteispitze gestaltete sich nicht einfach: Nur langsam war es dem Europaabgeordneten gelungen, breite Unterstützung für seine Bewerbung zu gewinnen. Noch im Oktober unterlag er bei der Aufstellung der baden-württembergischen Landesliste zwei Konkurrenten. Nun hofft Özdemir, der diesmal in Jeans, Sakko und offenem Hemd auftrat, auf einen Politikwechsel nach der Bundestagswahl 2009: „Ich wünsche mir, dass wir drankommen, weil wir es besser können." e.m.