Kompromiss beim EU-Pflanzenschutzpaket
Europa-Parlament stimmt ab - CDU und Grüne feiern Regelung als Erfolg für Mensch und Umwelt - Bauern skeptisch. Tageblatt Online berichtet.
Jork (bv). Tag der Entscheidung: Am Dienstag, 13. Januar, wird das Europäische Parlament über das EU-Pflanzenschutzmittelpaket abstimmen - ein Votum mit Folgen: Die Obstbauern werden wichtige Wirkstoffe verlieren, zum Beispiel bei der Bekämpfung von fruchtschädigenden Wanzen. Trotzdem: Die Mehrheit dafür ist sicher. Denn letztlich stehen Schwarz, Rot und Grün hinter dem jetzt ausgehandelten Kompromiss.Landwirtschaft und Industrie haben verhindern können, dass generell alle Stoffe gestrichen werden, die potenziell - ungeachtet des tatsächlichen Risikos bei der praktischen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln - schädlich sein könnten. Ursprünglich wollte die grüne Europaabgeordnete Hiltrud Breyer durchsetzen, dass bis zu 85 Prozent der Wirkstoffe wegfallen. In der ersten Lesung hatte sie 2008 damit Erfolg. Breyer wollte alle für Mensch und Umwelt gefährlichen Stoffe grundsätzlich streichen („Cut-off-Kriterium").Die Landwirte hätten (und werden) damit auf viele - aus ihrer Sicht - unverzichtbare Wirkstoffe gegen Schädlinge wie Pilze und Insekten verzichten müssen. „Der Zuckerrübenanbau wäre nicht mehr möglich gewesen wäre", sagt die CDU-Europaabgeordnete Ewa Klamt. Kulturen wie etwa Kartoffeln oder Weizen wären Schädlingen schutzlos ausgeliefert gewesen. Das hätte - nach Einschätzung der integrierten und ökologischen Obstbauern - zu massiven Einbußen bei der Ernte führen können. Doch jetzt sind in Brüssel offenbar lediglich noch zehn Prozent der Wirkstoffe auf der Schwarzen Liste. „Wir wissen es nicht genau, die Unsicherheit ist groß", beklagt Gerd Beckmann (Fachgruppe Obstbau). Die Betroffenen erhielten keine konkreten Informationen. Nach TAGEBLATT-Information sollen 14 bis 22 Stoffe wegfallen. Und das wären knapp zehn Prozent der heute zugelassenen Wirkstoffe.Falls es keine Alternativen für Pflanzenschutzmittel gibt, die von der EU als gefährlich eingestuft werden, ist eine auf fünf Jahre befriste Ausnahmeregelung möglich. Das betrifft zum Beispiel die Mittel mit krebserregenden und Fortpflanzung schädigenden Substanzen. „Dabei setzt doch niemand diese Mittel unverdünnt ein", sagt Beckmann, „auf die Dosis kommt es an." Das Bundesinstitut für Risikobewertung unterstützte die Bauern - mit Erfolg. Die wissenschaftlichen Risikobewertung wurde wieder in das EU-Pflanzenschutzmittelpaket hereingenommen. Außerdem sieht das EU-Paket vor, dass einige Stoffe („Substitutionsprinzip") ersetzt werden sollen, wenn dadurch ein deutlich geringeres Risiko für Mensch und Umwelt besteht, so Hiltrud Breyer (Grüne). Sie hält den Kompromiss für einen Meilenstein für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Breyer: „Weltweit erstmalig werden hochtoxische Pestizide auf den Index gesetzt. Wirkstoffe, die Krebs erzeugen, das Erbgut verändern oder die Fortpflanzung schädigen, sind in Zukunft verboten." Im Grundsatz ist sie sich mit ihren CDU-Kollegen einig. „Für Verbraucher und Landwirte ist die neue Regelung ein großer Erfolg", so Ewa Klamt (CDU). Sie ist überzeugt, dass Bauern auch künftig „gesunde und hochwertige Nahrungsmittel zu bezahlbaren Preisen" produzieren können. Durch die EU-weite Harmonisierung der Mittelzulassung werde „zusätzlich die Wettbewerbsfähigkeit unserer deutschen Landwirte gestärkt".