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28-04-2010

Europa jenseits der Krise: Bürger und Politiker blicken 10 Jahre voraus (Radio Sendung)

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In der heutigen Sendung aus der Reihe "Heute – Partnerschaft mit dem Europaparlament" geht es um die Überwindung der globalen Wirtschaftskrise und um die Perspektiven für die Zukunft. Unser Reporter Deljan Zachariew war im Europaparlament in Brüssel, wo das Buch "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" vorgestellt wurde. Dieses Band fasst die Ergebnisse des Projekts "Partnerschaft mit dem Europaparlament" zusammen. Teil dieses Projektes ist auch unsere Sendereihe, denn Radio Bulgarien ist Medienpartner des Europainstituts, des Portals Europa und des Zentrums für Politikmodelle.

Die globale Wirtschaftskrise begann in den USA und schwappte sehr schnell auf Europa über. Neben der Auswegsfindung hat das vereinte Europa auch ein anderes Ziel vor Augen – die langfristige Vorstellung darüber, wie sich die EU als Wirtschaftsgröße und soziale Union entwickelt, und natürlich wie es im EU-Erweiterungsprozess weiter geht.

Wie wirkt sich die Krise auf die Erweiterung aus? Darüber sprachen wir mit Diana Wallis, Vizepräsidentin des Europaparlaments.

"Natürlich wirkt sich die Wirtschaftskrise auf alle Bereiche aus", sagt Wallis. "Wir haben Probleme nicht nur mit Griechenland, sondern auch mit anderen EU-Ländern, die in Schwierigkeiten geraten sind. Die Krise hat aber eine weitere Eigenschaft – sie schweißt die Menschen zusammen. Und genau das bietet die EU den Kandidatenländern an, um die Krise gemeinsam zu meistern. Das waren die Beweggründe Islands, die EU-Mitgliedschaft zu beantragen. Offensichtlich dürfen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht der einzige Grund für den Antrag auf EU-Beitritt sein, aber ich blicke trotzdem positiv in die Zukunft und hoffe nicht, dass die Krise den Erweiterungsprozess der Europäischen Union beeinträchtigt", sagt Diana Wallis.

Island ist aber bei weitem nicht das einzige Kandidatenland. Um eine Mitgliedschaft in der EU bewerben sich auch die Länder aus dem Westbalkan – Albanien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro, Kosovo und Mazedonien. Wie stellt sich Diana Wallis die EU-Erweiterung in zehn Jahren vor?

"Kroatien ist hoffentlich auf der Zielgeraden", sagt die Vizepräsidentin des EU-Parlaments. "Ich persönlich würde mich sehr freuen, all diese Balkanländer in der EU zu sehen. Kroatien wird das erste Land sein, aber bei der nächsten Erweiterungswelle auf dem Balkan sollte das Gleichgewicht gewahrt werden. Offensichtlich werden einige der Kandidatenländer Schwierigkeiten haben, die Kriterien für die EU-Mitgliedschaft zu erfüllen, aber sie alle wollen den Beitritt und wir müssen diesen Wunsch respektieren und unterstützen", sagt Diana Wallis.

Der Plan der EU für ihre Entwicklung in den nächsten zehn Jahren "Europa 2020" wurde von der Europäischen Kommission ausgearbeitet und wird momentan in allen Mitgliedsländern diskutiert. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die EU ihre strategische Entwicklung so weit in die Zukunft planen kann, insbesondere angesichts der Wirtschaftskrise der letzten Jahre. Die Europäer fürchten heute um ihre Arbeitsplätze und können kaum für die nächsten Wochen und Monate planen, geschweige denn für die kommenden zehn Jahre. Wie sieht der Plan "Europa 2020" in den Augen von Pascale Gruny aus? Sie leitet die Arbeitsgruppe im Europaparlament für das Europäische Sozialfonds und ist Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.

"Die Strategie 2020 hat beeindruckende Ziele und sie stimmen zum großen Teil mit der Zielsetzung des Europäischen Sozialfonds zusammen", betont Pascale Gruny. "Der Präsident der Europäischen Kommission Barroso formulierte sogar die Aufgabe, die Zahl der armen Menschen in Europa um 20 Millionen zu reduzieren. Noch in den nächsten Wochen erwarten wir im Europaparlament die konkreten Zahlen zur Strategie. Im Juni wird die Arbeitsgruppe, die ich leite, ihren Bericht zum Europäischen Sozialfonds vorstellen. Ich finde, dass die Europaabgeordneten mit der Politikbestimmung auf diesem Gebiet engagiert sein müssen. Mitglieder der EU-Kommission nehmen oft an unseren Beratungen teil und das hilft uns, koordiniert zu handeln", sagt Gruny.

Natürlich wünscht sich jeder europäische Bürger ein stabiles Europa, das jedem ein möglichst sorgenfreies Leben sichert. Diesen Erwartungen gerecht zu werden, ist eine große Herausforderung für die EU-Politiker. Wie aktiv sind die Bürgerinnen und Bürger aber selbst, wenn es um ihre Zukunft geht? Das in Brüssel vorgestellte Buch "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" versucht, darauf zu antworten. Welchen Eindruck hinterlässt dieses Buch?

Hören Sie Ljubow Panajotowa, Direktorin des Euroainstituts in Sofia.

"Die Bürgerinnen und Bürger müssen selbst aktiv sein", fordert Panajotowa und ergänzt: "Diese Forderung haben wir auch in unserem Band "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" formuliert. Denn diese Aktivität ist der Antrieb Europas."

"Ich wünsche mir, dass Bulgarien in den Ausschüssen des Europaparlaments noch aktiver wird, denn dort wird Politik gemacht, dort werden die wichtigen zukunftsweisenden Entscheidungen getroffen", sagt Ljubow Panajotowa weiter. "Diese Details aus der Arbeit des Europaparlaments sind in Bulgarien noch nicht weit verbreitet und unsere Aufgabe soll es sein, die Arbeit und Funktionsweise des Parlaments zu erläutern."

Bei der Vorstellung des Buches "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" waren auch Schüler aus Bulgarien anwesend. Nach einer Diskussion mit Pascal Gruny darüber, wie Europa in zehn Jahren aussehen wird, haben zwei von ihnen ihre Vorstellungen mit uns geteilt:

"In zehn Jahren stelle ich mir vor, dass ich einen guten Job habe, der gut bezahlt ist, und ich ein gutes Leben führe. Aber das alles hängt einzig und allein von mir ab."

"Ich denke, dass ich eine gute Ausbildung haben werde, die ich nur in Bulgarien bekommen kann. Aber selbst, wenn man irgendwo im Ausland studiert, muss man danach nach Bulgarien zurückkehren. Ich wünsche mir, dass ich in zehn Jahren Arzt/Ärztin sein werde, weil ich unbedingt Medizin studieren will."

Die Beziehungen der EU zu Drittländern haben einen starken Bezug zu ihrer eigenen Zukunft. Eng damit verbunden sind die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. Der Kommentar von Diana Wallis:

"Diese Frage hat mehrere Aspekte", sagt die Vizepräsidentin des Europaparlaments Diana Wallis. "Man darf nicht vergessen, dass sich die Türkei noch aus der Gründerzeit der EU um eine Mitgliedschaft bemüht. Das ist eine sehr lange Zeit, und deshalb denke ich, dass wir eine deutliche Sprache mit der Türkei sprechen müssen. Schließlich ist die Türkei ein Kandidatenland, wie alle andere auch. Wenn Ankara die wirtschaftlichen Kriterien erfüllt und beweist, dass es die Menschenrechte achtet, dann werden wir im Beitrittsprozess fortschreiten. Ich persönlich bin positiv gegenüber der Türkei eingestellt", betont Wallis. "Aber es werden auch andere Meinungen laut, die behaupten, die Türkei gehöre nicht in die EU. Ich bin jedoch überzeugt, dass Türkeis EU-Mitgliedschaft uns helfen wird, vom Image wegzukommen, dass die EU eine mitteleuropäische christliche Union mit eingeschränktem Zugang ist. Die EU ist eine Familie der Vielfalt und das sollte unser Ziel sein", behauptet die Vizepräsidentin des Europaparlaments.

Jerzy Buzek, der Präsident des Europaparlaments, hat die Teilnehmer an der Buchpräsentation "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" per Videobotschaft gegrüßt.

"Diese beeindruckende Sammlung von Vorschlägen über die Zukunftsaussichten Europas hat viel mit der Idee der Bürgergesellschaft zu tun", sagt Buzek. "Der aktive Bürger ist jener, der das Leben nicht als eine Gegebenheit hinnimmt, sondern sich selbst einbringt, um das Leben mit zu gestalten", sagt der Parlamentspräsident.

Die Vorstellungen der Europäer über ihre eigene Zukunft sind immer aktuell. Wie sehen Sie Europa in zehn Jahren? Schreiben Sie uns. Die Website unseres Projekts http://parliament.europe.bg steht Ihnen zur Verfügung. Auf dieser Internetseite ist auch das Buch "Europa 2020 – Zukunftsaussichten" veröffentlicht.

Redaktion und Übersetzung: Vessela Vladkova.
Autor: Deljan Zachariew, Radio Bulgarien.



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